Interview mit Dr. med. Samira Mohamed, Frauenärztin / Homöopathie aus Cottbus

Bitte stellen Sie sich uns vor

Ich bin seit 2010 in eigener Praxis als Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe mit der Zusatzbezeichnung Homöopathie in Cottbus niedergelassen. 2020 habe ich noch die Zusatzbezeichnung für tiefenpsychologische Psychotherapie absolviert. Medizin habe ich in Berlin studiert und einen Teil meiner Assistenzärztinnenzeit in Frankreich durchgeführt. Mit meinem Mann und meinen beiden Kindern lebe ich in der Niederlausitz auf dem Land.

Warum sind Sie Ärztin geworden?

Schon als Jugendliche hatte ich den Wunsch, Menschen und Tiere zu heilen. Die Berichte in den 80er Jahren über die hohen HIV Infektionszahlen in Uganda, haben meine romantische Arzt-Idee verstärkt, meine koloniale Schuld durch Entwicklungshilfe zu vergelten. In Ghana habe ich eine Famulatur machen dürfen und war entsetzt über die Arroganz und Ignoranz der Mediziner gegenüber traditionellen Heilmethoden, von denen ich fasziniert war.

Wie sind Sie zur Homöopathie gekommen?

2002 fuhren mein Mann und ich auf eigene Faust nach Westafrika, um Land und Leute kennenzulernen. In Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, erlaubte mir Prof. Lankoande, Chefarzt der dortigen Frauenklinik, als Assistenzärztin sechs Monate im Universitäts-Krankenhaus zu arbeiten. Viel habe ich gelernt und gesehen, vor allem, dass unsere Schulmedizin einen hohen Preis hat und dadurch vielen Menschen nicht zugänglich ist. Zu meinem Glück kamen „Homéopathe sans frontière“ nach Ouaga und gaben für eine Woche eine Einführung in die Homöopathie für interessierte Ärzte und Ärztinnen. Was mich faszinierte, war nicht die homöopathische Vorstellung von Krankheit als Verstimmung der Lebensenergie, oder die akribische und gründliche Testung der homöopathischen Mittel und deren Wirkungen. Was mich faszinierte, war die Möglichkeit der autonomen und relativ kostengünstigen Herstellung homöopathischer Arzneien und den Respekt vor traditionellen Heilpflanzen, die ja auch nach homöopathischen Gesichtspunkten anwendbar sind. In Togo habe ich zum Beispiel erlebt, wie eine Kinderstation trotz der durch die Wirtschaftssanktionen fehlenden schulmedizinischen Mittel, dank Homöopathie weiter arbeiten konnte.

…und dann haben Sie die Weiterbildung Homöopathie absolviert?

Genau, als wir nach Deutschland zurückgekehrt sind habe ich ziemlich  bald den Berliner Verein homöopathischer Ärzte besucht und fing mit der Weiterbildung an.

Wie lässt sich die Homöopathie in Ihre Praxis integrieren?

Ohne das homöopathische Verständnis von Krankheit und verstimmter Lebensenergie kann ich mir keine Behandlung mehr vorstellen. Erst durch das Erkennen der Causa, der Ursache für das vollständige Symptom, verstehe ich die Schicksale meiner Patientinnen. Trauer, Freude und Enttäuschung sind für Homöopathen genauso Ursachen wie kalter Wind, Unfälle oder Schreck – sie können allesamt die Lebensenergie schwächen und zu Krankheitssymptomen führen. Für mich ist die Homöopathie die erste psychosomatische Medizin.

Können Sie uns eine kurze typische Situation schildern?

Meine Schwangeren versuche ich ausschließlich mit Homöopathie zu behandeln, da ich hier die Nebenwirkungen der Schulmedizin nicht in Kauf nehmen möchte. Gute Erfahrungen mache ich auch mit der homöopathischen Behandlung von Mastitis puerperalis, der Entzündung der stillenden Brust.

Mit welchem Argument würden Sie einer Kollegin oder einem Kollegen raten, mit Homöopathie zu beginnen?

Die Homöopathie eröffnet neue Perspektiven des Krankheitsverständnisses und damit ein erweitertes Spektrum an heilenden Möglichkeiten. Das Konzept der Lebensenergie ist für mich unverzichtbar geworden. Wer als Arzt mehr als nur Technokrat werden möchte, der tut gut daran, sich verschiedene Heilmethoden anzusehen. Für mich ist es die Homöopathie, aber es gibt ja auch weitere Therapiemethoden.

Wie stellen Sie sich eine ideale Medizin vor?

Die Frage möchte ich mit einem Hahnemann-Zitat (§2 Organon) beantworten: „Das höchste Ideal der Heilung ist schnelle, sanfte, dauerhafte Wiederherstellung der Gesundheit, oder Hebung und Vernichtung der Krankheit in ihrem ganzen Umfange auf dem kürzesten, zuverlässigsten, unnachtheiligsten Wege, nach deutlich einzusehenden Gründen.“