Interview mit Dr. Günter Heck

„Die Domäne der Homöopathie sind die chronischen Krankheiten“

Dr. med. Günter Heck ist Facharzt für Innere Medizin, hat die Zusatzbezeichnungen für Homöopathie und Naturheilverfahren und ist seit 1992 privat in Berlin niedergelassen. Dr. Heck ist seit 46 Jahren Arzt, seit 1986 Mitglied im Berliner Verein homöopathischer Ärzte (BVhÄ)  und wurde am 25. Juni 70 Jahre alt – herzlichen Glückwunsch!

Wie lange sind Sie schon Arzt?

Mit 24 Jahren habe ich als Arzt angefangen im Krankenhaus zu arbeiten.

…schon ans Aufhören gedacht?

Nein! Ich bin gerne Arzt und werde es bleiben, solange es geht.

Sie haben im Krankenhaus mit der Intensivmedizin begonnen, warum?

Ja, eine meiner ersten Stellen war die Intensivstation in einem Kreuzberger Krankenhaus. Ich wollte erst einmal die Notfallmedizin erlernen. Ich hatte immer die Vorstellung, irgendwo ist ein Unfall und jemand ruft nach einem Arzt, ich komme dazu und weiß nicht, was ich machen soll. Ich lernte also Situationen richtig einzuschätzen und richtig zu handeln. Das Wissen hat mich beruhigt – und ich war auch ganz gut darin. Im Neuköllner Krankenhaus in Britz habe ich dann die intensiv-medizinische Abteilung  aufgebaut.

Kommen heute die Patenten mit anderen Problemen als vor 46 Jahren?

Na ja, ich war ja lange Zeit engagierter Intensivmediziner – und da konnte es mir nicht akut genug sein…  Aber ich habe schon in meiner Zeit im Krankenhaus angefangen auch homöopathisch zu arbeiten.  Ich war Oberarzt, hatte mein eigenes Zimmer und habe dort Patienten homöopathisch behandelt. In der homöopathischen Praxis haben sich die Krankheiten verändert. Häufige Erkrankungen sind Allergien, Asthma, Neurodermitis, Migräne und auch psychosomatische Erkrankungen.

Also chronische Erkrankungen…

…auf jeden Fall. Aber auch viele akute Krankheiten auch bei Kindern. Aber die Domäne der Homöopathie sind die chronischen Krankheiten.

Und dann kam der Plan, aus einem  Krankenhaus ein Gesundheitshaus zu machen.

Genau. Ende der 80er Jahre sollte der örtliche Bereich Britz des Neuköllner Krankenhauses geschlossen werden. Mit einigen Kolleginnen und Kollegen hatten wir die Idee, das Krankenhaus zu übernehmen und daraus ein Gesundheitshaus zu machen. Es gab die Initiative „Gesundheitshaus Britz“, wir wollten hier alternativen Pflege- und Behandlungsmethoden etablieren, dazu gehörten auch  die Homöopathie und die Naturheilverfahren, die systemische Familientherapie und weitere Methoden. Ich sollte einer der leitenden Ärzte werden, deshalb habe ich auch noch die Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren absolviert. Leider hat uns die Politik einen Strich durch das Projekt gemacht. Damals gab es in Berlin eine rot grüne Regierung, die hat unser Projekt unterstützt. Doch dann kam die Maueröffnung, eine CDU Regierung und damit ist das Projekt Gesundheitshaus ziemlich schnell eingegangen.

Wie kam es zu dem Entschluss, ein Gesundheitshaus aufzubauen?

Ich begann mir Gedanken über die allgemeine medizinische Versorgung zu machen. Die herkömmliche Medizin ist zu aggressiv, sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie. Als Internist habe ich ja viel mit chronischen Krankheiten zu tun, und wenn ich ehrlich zu mir bin, kann man mit der konventionellen Medizin den Patienten nicht wirklich helfen.  Vorübergehend, das schon, aber nicht nachhaltig. Die Patienten kommen wieder, jedes Jahr – und das war unbefriedigend. Ich habe systematisch nach Alternativen gesucht und alles Mögliche ausprobiert und bin bei der Homöopathie angekommen.

…und, kann die Homöopathie helfen?

Ja, die Homöopathie kann meistens helfen, aber auch nicht immer. Bei Patienten, die 80 oder 90 Jahre alt sind, muss der Bluthochdruck etwa konventionell eingestellt werden kann. Und das ist auch in Ordnung. Es geht ja nicht darum, die herkömmliche Medizin zu verteufeln, das ist Unsinn – die Kombination ist nach meiner Auffassung das Ideale. Erst sollten die sanften Methoden eingesetzt werden, findet man mit ihnen keine Lösung, kommen die konventionellen zum Zug.

Wie wird die Homöopathie in Ihrer internistischen Praxis integriert?

Ich behandle im Grunde ausschließlich homöopathisch. Wobei es natürlich gut ist, dass ich den internistischen Background habe. So weiß ich, wie ich bei einem Patienten die Asthma-Mittel am besten reduziere, oder den Blutdruck einstelle. Anderes Beispiel: Die Behandlung einer Zystitis – einer Blasenentzündung: ich verordne ein homöopathisches Mittel, sollte es nach kurzer Zeit keine Verbesserung der Symptome geben, gibt es ein zweites Mittel – aber nur wenn die Patientin dies möchte – und erst wenn auch dann keine Besserung eintritt, kommt ein Antibiotikum zum Einsatz. Aber das passiert höchstens zweimal im Jahr.

Und wie wenden Sie die Naturheilverfahren an?

Wenn ich der Meinung bin, dass eine spezifische Therapie – wie die Homöopathie – nicht nötig ist, dann setze ich Naturheilverfahren ein, beispielsweise bei akuten Erkrankungen, da schlage ich etwa Wickel vor.

Sie haben Ihre Praxis im Zentrum der Berliner Homöopathie…

Ja, seit 1992 habe ich meine Praxis in der Nassauischen Straße 2 – diese Adresse ist ein bisschen die Wiege der Homöopathie in Berlin. Vier homöopathisch tätige Arztpraxen und die Geschäftsstelle des Berliner Vereins homöopathischer Ärzte sind hier im Haus. So hatte auch Dr. Dr. med. Sohn – er ist kürzlich verstorben – seine Praxis hier. Er hat im Wesentlichen die Homöopathie nach dem 2. Weltkrieg in Berlin wieder aufgebaut und viele Ärzte ausgebildet. Das hatte zur Folge, dass sich viele von ihm ausgebildete Ärztinnen und Ärzte hier in der Straße in Wilmersdorf niedergelassen haben. Hier arbeiteten bestimmt mal 12 homöopathische Ärzte… Und dann hat sogar noch eine Buchhandlung aufgemacht, die nur Literatur zur Homöopathie im Angebot hat.